48607 Ochtrup, den

Stellungnahme 

Sehr geehrte Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren, 

die CDU-Fraktion ist mit Ihrer geplanten Stellungnahme zum Bauantragsverfahren der Investoren Tombült/Reimann für das Bauvorhaben Dränke 1, 3 und 5 nicht einverstanden. Die Gründe hierfür werde ich Ihnen nachfolgend darstellen. 

  1. Formell haben die Investoren einen Verstoß gegen geltendes Recht (Festsetzungen eines Bebauungsplans) begangen, der nun, nachträglich, geheilt werden soll. Wenn man Zuwiderhandlungen gegen rechtliche Vorschriften nicht sanktioniert, sondern nachträglich - auf Antrag der Betroffenen - legalisiert, kommt man irgendwann an einen Punkt, an dem die Rechtsvorschriften ihren eigentlichen Sinn verlieren. Sie verkommen dann zu bloßen Empfehlungen, weil jeder weiß, dass man sich, ohne Sanktionen befürchten zu müssen, darüber hinweg setzen kann. Der Antrag der Betroffenen wurde im übrigen erst gestellt, nach dem zuständige Aufsichtsbehörde die Baumaßnahme wegen des Vorstoßes gegen den Bebauungsplan gestoppt hat. 
    Wenn wir also wollen, dass die vom Rat der Stadt Ochtrup beschlossenen Satzungen weiterhin von Jedermann beachtet werden, muss man diese nachträglich- wenn auch nur befristete - Legalisierung ablehnen. 
    Im dem Anschreiben zum Bauantrag an den Kreis Steinfurt weißt der Architekt zu Recht auf die Ausnahmemöglichkeit in Nr. 5 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 8 hin. Eine derartige Ausnahme kann aber nach unserer Auffassung nur vor Baubeginn beantragt und dann ggf. genehmigt werden. Der hier gewählt Weg - erst Fakten schaffen und sich dann auf Ausnahmemöglichkeiten berufen - kann nicht toleriert werden. 
     
  2. Der Bürgermeister hat in der letzten Ratssitzung ausgeführt, dass ein Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes dem Ausschuss für Planen und Bauen vorgelegt wird (siehe Protokoll der letzten Ratssitzung TOP 5.3. nicht öffentlicher Teil). Hierbei handelt es sich u.E. um eine Selbstbindung der Verwaltung. Es bleibt also dem Ausschuss vorbehalten, über die befristete Ausnahme zu befinden, auch wenn es sich möglicherweise um einen Vorgang handelt, den die Verwaltung auch ohne den Rat regeln könnte. 
    Als Ratsmitglieder müssen wir auf die Aussagen des Bürgermeisters vertrauen können. Es handelt sich um eine Abweichung von einer Satzung, die - auch in der Öffentlichkeit - sehr kontrovers diskutiert wird. Wir erwarten, dass die Aussage des Bürgermeisters aus der letzten Ratssitzung weiterhin Gültigkeit hat und eine Stellungnahme nicht ohne vorherige Beschlussfassung im Ausschuss erfolgt. 
    Sollte die Verwaltung anders, d.h. ohne Diskussion im zuständigen Fachausschuss, also ohne den Rat eine Stellungnahme abgeben, halten wir dies für eine grobe Missachtung des Rates. 
     
  3. In dem Bauantrag vom 29.07.2015 wird ausgeführt, dass es sich um eine bis 31.12.2019 befristet Maßnahme handelt. Die Stadtverwaltung begründet ihre geplante zustimmende Stellungnahme u.a. mit dieser Befristung. 
    Es stellt sich die Frage, wie die Einhaltung des Bebauungsplans nach dem 31.12.2019 sichergestellt werden soll. Ober welche Sicherungsmöglichkeiten und Sanktionsmaßnahmen verfügen die Stadt und der Kreis, wenn die Investoren - entgegen ihren Ankündigungen - die betroffenen Gebäude nicht bis zum 31.12.2019 durch Neubauten ersetzen? 
    Die Investoren (ihr Architekt) führen in dem Schreiben an den Kreis Steinfurt aus, dass die Objekte durch „zeitgemäße" Neubauten ersetzt werden. Werden diese dem geltenden Recht entsprechen oder hat sich bis dahin die weiße Fassade (oder irgendeine andere) als zeitgemäß herausgestellt, so dass die Gebäude ohne Zutun der kommunalen Selbstverwaltungsorgane wieder keine dem Bebauungsplan entsprechende Fassade erhalten? 
     
  4. Die Stadtverwaltung und auch der Architekt führen aus, dass die Gebäude durch die weiße Farbgebung deutlich hervorgehoben werden und mit der historischen Bebauung in der Umgebung korrespondieren. Der Architekt führt weiter aus, dass auch an Gebäuden in der Nachbarschaft die Farbe Weiß einen bestimmenden Anteil an der Gestaltung der Fassade hat. 
    Unterstellt, die Ausführungen der Stadtverwaltung und des Architekten würden unsere Zustimmung finden, rechtfertigt dies nicht das Vorgehen der Investoren. Es kann nicht in das Belieben von Investoren und/oder Architekten gestellt werden, ob eine vom Bebauungsplan abweichende Fassadengestaltung mit der Umgebungsbebauung korrespondiert oder nicht. 
    Zudem halten wir die Aussagen der Stadtverwaltung und des Architekten für falsch. Aus gutem Grund hat der Rat der Stadt Ochtrup 1991 beschlossen, dass die außen liegenden Bauteile im Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 8 (Altstadt) aus rotem Mauerwerk herzustellen sind. Dies entspricht der typischen Bauweise im Münsterland. Die Fassaden der historischen Gebäude (Altes Rathaus an der Bültstraße und Alte Post (ehern. Bücherei)) werden auch von rotem Mauerwerk dominiert. 
    Bei dem Gebäude, welches auf dem Gelände der ehemaligen Lambertischule errichtet wird, hat der Stadtrat in langen Diskussionen für den roten Klinker gekämpft, damit er sich in die Fassadengestaltung der übrigen Gebäude einfügt. Eine Genehmigung der weiß gestrichenen Fassade führt diese Diskussion ad absurdem.
     
  5. Die Stadtverwaltung führt aus, dass die Realisierung gestützt wird durch Aussagen des Stadtentwicklungskonzeptes, das für das Areal am Kreisverkehr die „Schaffung eines Einzelhandelsmagneten" und die Herstellung einer „korrespondierenden Architektur nördlich der Bücherei als städtebauliche Eingangssituation und Blickfang an der Laurenzstraße" als Maßnahme nennt. 
    Die CDU bekennt sich weiter zu den Aussagen des von ihr mitbeschlossenen Stadtentwicklungskonzeptes. Leider muss man anhand der Aussagen der Stadtverwaltung feststellen, dass sie die Aussagen aus dem Konzept falsch interpretiert. 
    Richtig ist, dass am Dränkeplatz eine städtebauliche Eingangssituation geschaffen werden soll, um es für Besucher des FOC interessant zu machen, die Innenstadt zu besuchen. 
    Richtig ist auch, dass in diesem Bereich ein Einzelhandelsmagnet geschaffen werden soll, was im übrigen nach unserer Auffassung augenblicklich geschieht. 
    Richtig ist weiterhin, dass die Eingangssituation durch die Herstellung einer korrespondieren Architektur nördlich der Bücherei geschaffen werden soll. Hier geht die Stadtverwaltung fehl in der Annahme, dass hiermit weiße Fassaden gemeint waren. Das Gegenteil ist der Fall. Der Stadtrat hat lange für die rote Fassadengestaltung auf dem Grundstück der ehemaligen Lambertischule gekämpft (s.o.). Die Aussage im Stadtentwicklungskonzept ist so zu verstehen, dass die Fassaden der Alten Post und der Gebäude an der Dränke mit roter Fassade erhalten bleiben und sich neue Gebäude durch eine rote Fassadengestaltung in die Architektur gern. Bebauungsplan einfügen. 
     
  6. Der Hinweis in der Stellungnahme der Stadtverwaltung auf die Beseitigung von Leerständen geht in diesem Fall in die falsche Richtung. 
    Natürlich ist es Ziel aller Beteiligten Leerstände zu vermeiden und zu beseitigen. Der Mieter, der lautet Aussage des Bürgermeisters vom 14.07.2015 mit einer „fertigen" Fassade eröffnen möchte, betreibt z.Zt. einen Laden in der Weinerstraße. Bei der „Neu" - Eröffnung handelt es sich also nicht um die Beseitigung von Leerständen, sondern um die Verlagerung eines Leerstandes an eine andere Stelle. 
     
  7. Eine nachträgliche Legalisierung eines Verstoßes gegen bestehende Satzungen führt in der Zukunft zu erheblichen Argumentations- und Durchsetzungsproblemen gegenüber anderen Unternehmern und Bürgern der Stadt Ochtrup. 
    Der Rat der Stadt Ochtrup beschließt Satzungen mit der klaren Zielrichtung, dass sie von Jedermann akzeptiert werden. Gesetze, Satzungen und Verordnungen werden in einer Gesellschaft von Jedermann akzeptiert, wenn sie einsichtig und sinnvoll sind und wenn jeder davon ausgehen kann, dass ein Verstoß gegen die Satzung sanktioniert wird. Sie werden vor allem dann von Allen akzeptiert, wenn klar ist, dass sie für alle gleich zur Anwendungen kommen, unabhängig z.B. vom Vermögen oder der Parteizugehörigkeit einer Person. 
    Wenn wir für einem Investor, dem bereits über 50% der Innenstadt gehört, eine Ausnahme genehmigen, u.a. mit dem Hinweis auf einen vorhandenen Mieter, werden wir von anderen Investoren/Unternehmern in der Innenstadt, aber auch von den Bürgern, nicht erwarten können, dass sie sich in Zukunft an die vom Rat beschlossenen Satzungen halten. Wir werden bei der zukünftigen Stadtentwicklung erhebliche Schwierigkeiten bekommen, unsere Vorstellungen (die Vorstellung des Rates) durchzusetzen, weil jeder Investor weiß, dass er sich, ohne Sanktionen befürchten zu müssen, über die Festsetzungen hinweg setzen kann. 


Die CDU spricht sich also klar gegen die von der Stadtverwaltung verfasste Stellungnahme aus. Auch die Argumente, 

  • a) der Bebauungsplan müsse auf den Prüfstand gestellt werden, weil er zu straffe Reglementierungen beinhalte, 
  • b) wir hätten dem Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes mit einer weißen Fassade möglicherweise vor Baubeginn zugestimmt, gehen fehl. 

Mit diesen Argumenten kann man einen Verstoß nicht nachträglich heilen. Vielmehr sprechen Sie für ein ordentliches und damit öffentliches Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. 8. 
Es bleibt den Investoren unbenommen, einen entsprechenden Antrag auf Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 8 zu stellen. Im übrigen hat der Ausschuss für Planen und Bauen bereits am 
22.06.2010 einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss verbundenen mit dem Beschluss zur Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gefasst. Die Stadtverwaltung wurde vom Ausschuss beauftragt, die Festsetzung des Bebauungsplans zu überarbeiten. 
Sollte der Satzungsverstoß aufgrund des Antrags der Investoren nachträglich genehmigt werden, können wir alle Oberlegungen zur Gestaltungssatzung (hier: Werbeanlagen) einstellen, weil es immer Argumente finanzieller Art von Investoren geben wird, die zu Ausnahmen von den Satzungen führen werden. 

Wenn wir ( der Rat der Stadt Ochtrup) weiterhin das Heft des Handelns bei der Stadtentwicklung und der Innenstadtgestaltung in der Hand behalten wollen, können wir der Stellungnahme der Stadtverwaltung nicht zustimmen. Eine Diskussion in der nächsten Ausschusssitzung für Planen und Bauen ist das Mindeste, was dieser Stellungnahme vorausgehen muss. Ansonsten kann die Stadtverwaltung in Zukunft die Bebauungspläne und anderen Satzungen auch ohne Rat aufstellen und beschließen. 

Mit freundlichen Grüßen 
Hajo Steffers